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In die Zukunft denken

Wie könnte eine Kunsthochschule im Jahr 2035 aussehen? Was ist Zukunftsdenken? Der Digitalrat der ZHdK gibt Einblick in seinen Themenschwerpunkt 2022, mit dem er schon heute an den Visionen von morgen arbeitet.

An der ZHdK nimmt Zukunftsdenken Gestalt an. Illustration: Kati Rickenbach

VON SYLVIA BATTEGAY
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Wir schreiben das Jahr 2035. Die ZHdK hat ihren Campus auf Zürichs Stadt- und Naturraum ausgeweitet: Workshops finden in den Zürcher Wäldern statt, Schauspielunterricht am See. Dozierende und Studierende wählen die Lernumgebung, die dem Inhalt am meisten entspricht. Studienräume sind Welten, in denen sich verschiedene Formen des phygitalen, also des physischen und digitalen Studierens ergänzen. Creative Enhancement begleitet Leben und Lernen. Es entstehen neue Formen des Lehrens, Lernens und Arbeitens, die kollaborativ mitgestaltet werden: eine Realität mit vielen Perspektiven. Szenarien wie diese wurden in den letzten beiden Jahren in den Workshops «Future Reflection» und «ViVisions» entwickelt. Entstanden ist daraus der Themenschwerpunkt des Digitalrats für 2022: «ZHdK+Zukunftsdenken».

Die Zukunft erkunden

«Beim Zukunftsdenken reisen wir aktiv zu einem bestimmten Zeitpunkt in die Zukunft und schauen uns dort neugierig um. Wir blenden Fragen der Umsetzbarkeit aus heutiger Sicht bewusst aus und versuchen Dinge anders zu sehen», erklärt Renato Soldenhoff, Co-Vorsitzender des Digitalrats. Mitglieder des Digitalrats haben zusammen mit internen Expert:innen und Studierenden sowie mit den Agenturen Knoweaux und Seinheit Veranstaltungen durchgeführt, die Zukunftsdenken erlebbar machen und einen Austausch initiieren. Dabei wurden Szenarien formal unterschiedlich skizziert, beispielsweise als Geschichte, mit einem Schauspiel oder einem Mockup, mit dem Ziel, bei den Beteiligten innere Bilder zu erzeugen und dadurch Diskussionen zu fördern. «Die von uns entwickelten Szenarien sind teilweise fantastisch und doch näher an aktuellen Entwicklungen, als wir uns im ersten Moment bewusst waren. Dadurch laden sie zu einer Auseinandersetzung ein», erläutert Soldenhoff. Ob diese Szenarien gefallen oder nicht, sei dabei weniger relevant. Es gehe vielmehr um das Denken in die Zukunft im Kontext gesellschaftlicher und künstlerischer Entwicklungen. Wanja Kröger, Mitglied des Digitalrats und Leiter der Geschäftsstelle Lehre, unterstreicht: «Zukunftsdenken ist eine Kompetenz, die wir brauchen, um gezielte Entwicklungen in der Hochschule zu ermöglichen.»

Aber sind diese Zukunftsszenarien tatsächlich umsetzbar? «Ich persönlich habe gelernt, dass Methoden wie das ‚Future Modelling‘ helfen, sich von spontanen Abwehrmechanismen gegenüber radikal Neuem zu lösen und sich gemeinsam auf die Beschreibung wünschenswerter Zukünfte einzulassen, ohne über die Herausforderungen für deren Umsetzung nachdenken zu müssen», so Susanne Schumacher, Co-Vorsitzende des Digitalrats. «Zukunftsdenken ist also nicht mit Strategiearbeit im herkömmlichen Sinn zu verwechseln. Es geht vielmehr darum, neue Perspektiven zu eröffnen, die dann strategisch verfolgt werden könnten.»

Zukunftsdenken als Kompetenz verstehen

Zukunftsdenken wird an der ZHdK gegenwärtig in verschiedenen Bereichen praktiziert, etwa an der School of Commons, am Zurich Center for Creative Economies und selbstverständlich in Studiengängen wie beispielsweise Trends & Identity im Departement Design. Spannend an den Methoden des Zukunftsdenkens sei, wie sie den Blick für die Gegenwart schärften, meint Irene Ragaller, Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Digitalrats: «Der Blick in die Zukunft ermöglicht, die Gegenwart ganz anders zu beurteilen.» Besonders in der Formulierung wünschenswerter Zukünfte und in der Erarbeitung konkreter Lösungsansätze kann sich die ZHdK auf die Kernkompetenzen ihrer Angehörigen stützen. Denn Zukunftsdenken ist zwar keine künstlerische Disziplin, aber die Methoden des Zukunftsdenkens können von den Mitteln der Künste profitieren. «Gerade in den Künsten ist man geübt, Imaginationen zu fördern, Geschichten zu erzählen, neue Welten zu erschaffen und visionäre Lösungen vorzuschlagen», so Schumacher. Neugier und Experimentierfreude sind an der ZHdK weit verbreitet und eine gute Ausgangslage für weitere Zukunftsideen.

Autorin Sylvia Battegay ist PR- und Issue-Managerin der Hochschulkommunikation der ZHdK.