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Sendboten der Zukunft

Eine neue Testarena auf dem Dübendorfer Flughafen macht es möglich: Autonome Flug- und Fahrzeuge – wie etwa Drohnen – werden hier vom Konzept bis zum marktfähigen Produkt entwickelt. Die Testinfrastruktur entsteht dank der Digitalisierungsinitiative des Kantons Zürich zusammen mit drei Zürcher Hochschulen.

Autorin: Marita Fuchs

Autonome Drohnen
Autonome Drohnen Hindernisparcours für Drohnen: Zum ersten Mal besiegte 2022 ein autonom fliegender Quadrotor aus dem Team von Davide Scaramuzza in einem Rennen zwei menschliche Profi-Drohnenpiloten. (Bild: Regina Sablotny)

Hangar 9 auf dem Flughafen Dübendorf: Die schlichte Metalltür zur Halle verrät nicht, dass hier der Verkehr der Zukunft geplant wird. Doch dann eröffnet sich der Blick in die grosse Halle: Drohnen rasen auf und ab – doch nicht nur das, sie absolvieren dabei einen Hindernislauf, navigieren präzise durch Torbögen, die in unterschiedlicher Höhe aufgehängt sind. Vor Ort: UZH-Professor Davide Scaramuzza und sein Team. Die Forschenden demonstrieren, was die smarten Quadrocopter – Drohnen mit vier Propellern – können. Der Hangar bietet mit seiner Grösse ein ideales Testgelände für die flinken Flugakrobaten.

In den letzten Jahren ist das Interesse an autonomen Fahrzeugen im gewerblichen Bereich exponentiell angestiegen, auch der Bedarf an äusserst schnellen, sicheren und robusten Drohnen. Kommerzielle Quadrocopter jedoch sind langsam und ihre Batterien sind nach 30 Minuten aufgebraucht. Für die Suche nach Überlebenden bei einem Erdbeben oder die Erkundigung einer defekten Brücke sind diese Geräte nicht brauchbar. Deshalb arbeitet Davide Scaramuzza mit seinem Team an effizienteren Drohnen.

Dreidimensionale Karte in Sekundenschnelle

«Allerdings müssen dazu noch mehrere Herausforderungen bewältigt werden», erklärt der Informatikprofessor, dessen Forschung vom Europäischen Forschungsrat finanziert wird. «Für eine Drohne, die schnell fliegt, müssen wir effizientere Wahrnehmungsalgorithmen entwickeln.» Konkret: Die Bordkameras seiner Drohnen nehmen 30 Bilder pro Sekunde auf. Sie müssen in der Lage sein, alle von der Kamera erzeugten Daten sehr rasch zu verarbeiten, um eine dreidimensionale Karte der Umgebung zu erstellen, so können sie Hindernisse erkennen und ihnen auszuweichen. Um eine maximale Leistung zu erreichen, benötigen die Systeme Echtzeitalgorithmen, die sowohl auf aerodynamische Störungen als auch auf unvorhersehbare Hindernisse reagieren. Der Hangar in Dübendorf bietet den Forschenden eine gute und sichere Möglichkeit, die Drohnen und ihr Können zu testen.

Im Moment finden die Testflüge noch in der gesicherten Halle statt. Demnächst wollen die Forschenden aber auch das Aussengelände nutzen, um zu prüfen, wie die Drohnen in Wind und Wetter agieren, und um sie bis zur Marktreife weiterzuentwickeln.

Variantenreiches Testgelände

Ermöglicht wird dieses Testgelände durch LINA. Das Akronym steht für: Shared Large-scale INfrastructure for the Development and Safe Testing of Autonomous Systems. «LINA wird im Kanton Zürich die Infrastruktur für sicheres Testen autonomer Systeme zu Verfügung stellen, und zwar für die Grundlagenforschung bis hin zur Entwicklung marktfähiger Systeme durch die Industrie», sagt die LINA-Projektleiterin Brigitte Rohner. Sie führt das Förderprojekt zusammen mit Michel Guillaume, Leiter Zentrum für Aviatik der ZHAW.

Dank dieser neuen Infrastruktur können Forschende der Universität Zürich, der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, und der Zürcher Hochschule der Künste das effiziente und sichere Testen von autonomen Systemen – neben Drohnen auch andere selbstfahrende Fahrzeuge – in der Halle, aber auch draussen erproben. Möglich wurde LINA aufgrund der Digitalisierungsinitiative (DIZH). Sie hat zum Ziel, die Zusammenarbeit der Zürcher Hochschulen im Digitalisierungsbereich zu fördern und übernimmt mit den teilnehmenden Zürcher Hochschulen auch die Finanzierung.

Zertifizierungsstelle geplant

Unterschiedliche Testarenen zur Erforschung und Entwicklung von Prototypen sind geplant: Eine Halle mit einer Indoor-Tracking-Arena und einem gross angelegten, hochpräzisen Positionsverfolgungssystem sowie einer Windkanalanlage. Auch eine mit einem Netz gesicherte Outdoor-Testarena soll entstehen. Ebenfalls ist eine digital kontrollierte Outdoor-Testarena im kontrollierten Luftraum (CTR) geplant. Hier könnten zum Beispiel Drohnen unter den Bedingungen des «Light Unmanned Aircraft Operator Certificate» (LUC) im niedrigen Luftraum getestet werden. «Ebenfalls könnten hier die für ein marktfähiges Produkt erforderlichen Kilometer geflogen werden», betont Brigitte Rohner. Langfristiges Ziel ist es, eine Zertifizierungsstelle für alle Drohnen, die kommerziell genutzt werden, zu etablieren. LINA ist auf fünf Jahre hin angelegt.

Hintergrund

Der erste LINA-Anlass findet am 30. März statt: 11 bis 16 Uhr, Hangar 9, Flughafen Dübendorf.